Impfungen

Jährliche Impfung – Was bedeutet das? Wogegen wird geimpft?

Bei einigen Tierärzten ist es noch gängige Praxis, dass Hunde jährlich mindestens gegen 6 virale und bakterielle Erreger und Katzen gegen 4 virale Erreger geimpft werden. Hunde bekommen den Kombiimpfstoff SHPPi/LT. Dahinter verbirgt sich eine Sechsfachimpfung gegen Staupe (S), Hepatitis (H), Parvovirose (P), Parainfluenzavirus (Pi, ein Erreger des Zwingerhustens), Leptospirose (L, meist 2-4 verschiedene Leptospiren-Arten) und Tollwut (T). Wahlweise kann der Tierbesitzer seinen Hund noch gegen Borreliose, Bordetellen, Tetanus, canines Herpesvirus, Hautpilze und neuerdings Leishmaniose impfen lassen.

Katzen bekommen den Kombiimpfstoff RCP/T. Dies ist eine Vierfachimpfung gegen 2 Erreger des Katzenschnupfens (R = Rhinotracheitisvirus; C = Calicivirus), Katzenseuche (P = Panleukopenie) und gegen Tollwut (T). Zudem stehen für Katzen weiter Impfstoffe gegen FIV, Infektiöse Leukämie (FeLV), FIP, Chlamydien, Bordetellen und Hautpilze zur Verfügung.

Da stellt sich die Frage, ob das Immunsystem unserer Haustiere so schwach ausgebildet ist, dass es notwendig ist sie gegen all diese Erreger JÄHRLICH zu impfen?

Um diese zu beantworten, sollen in Kürze die Erkrankungen erläutert werden, welche durch die Erreger ausgelöst werden, die in den gängigen Impfstoffen enthalten sind.

Staupe – Canines Distempervirus

Vom Staupe-Virus können viele Carnivoren befallen werden: Frettchen, Dachse, Nerze, Füchse, Wölfe und Raubkatzen. Nach der Infektion durch direkten Kontakt mit infektiösen Sekreten der Atemwege kann es zu verschiedenen Krankheitssymptomen kommen. Häufig auftretende Symptome sind Fieber mit Nasen- und Augenausfluss, Schluck- und Atembeschwerden, aber auch Erbrechen und Durchfall sowie eine Verhornungsstörung der Ballen und des Nasenspiegels (Hyperkeratose). Wird das Virus vom Immunsystem nicht komplett beseitigt, so ziehen sich die Viren in Nervenzellen zurück und können bei geschwächter Immunlage zu Nervenentzündungen mit u.a. Bewegungsstörungen, Krämpfen und Lähmungen führen. Solche Komplikationen sind bei einer Staupe-Infektion jedoch die Seltenheit, denn in 50% aller Fälle verläuft die Infektion sehr mild und mit wenigen Symptomen.

Hepatitis – Canines Adenovirus 1 (HCC)

Das Adenovirus, welches über die Schleimhäute aufgenommen wird, führt zu einer Leberentzündung, welche sich in Fieber, Schwäche, Erbrechen, Durchfall, Gelbsucht und Blutungen der Haut und Schleimhaut äußern kann. Ebenfalls kann es zum Anschwellen von Kopf, Hals und Unterbrust, zu neurologischen Störungen oder zu einer Hornhautrübung kommen. Jungtiere können, ohne spezielle Symptome gezeigt zu haben, innerhalb von Stunden sterben. In Westeuropa kommt die infektiöse Hepatitis des Hundes kaum mehr vor, kann aber aus östlichen und südlichen Ländern eingeschleppt werden.

Hunde- und Katzenseuche (Panleukopenie) - Parvovirus

Das Parvovirus wird über Kot infizierter Tiere übertragen und ist für Hunde und Katzen gleichermaßen infektiös. Trotz Impfungen kommt das Virus noch relativ häufig vor. Die Infektion führt v.a. bei geschwächten Hunde- und Katzenwelpen (preisgünstige Welpen aus Massenzuchten und schlechter Haltung) zu tödlichen Verläufen. Das Parvovirus befällt Zellen, die sich schnell teilen: Darmzellen und Abwehrzellen. Dadurch kommt es zu wässrigem, teilweise blutigem Durchfall, Erbrechen, Fieber und durch den Flüssigkeits- und Nährstoffverlust zu großer Schwäche. Weil die Blut-Darm-Schranke durchlässig wird, gelangen Viren, Bakterien und andere Giftstoffe aus dem Darm in den Blutkreislauf. Das geschwächte Immunsystem hat dem kaum Abwehrzellen entgegen zu setzen, sodass geschwächte Jungtiere meist einige Tage nach Auftreten der ersten Symptome versterben. Bei Katzen kann es schon kurz nach der Infektion zu einer drastischen Verringerung der weißen Blutkörperchen kommen (Panleukopenie), sodass sie plötzlich, ohne typische Krankheits-symptome gezeigt zu haben, sterben. So heftig erkranken allerdings nur wenige, sehr geschwächte Tiere, wenn sie dem Virus ausgesetzt sind. Meist verläuft die Infektion nur mit milden oder keinen Krankheitssymptomen.

Zwingerhusten - Parainfluenzavirus

Beim Zwingerhusten handelt es sich um eine infektiöse Erkrankung des oberen Atmungstraktes. Es ist keine lebensbedrohliche Erkrankung, sondern ähnelt einer Erkältungskrankheit beim Menschen. Ausgelöst wird der Zwingerhusten durch unterschiedliche Viren und Bakterien: u.a. das canine Parainfluenzavirus, das canine Adenovirus 2 und das Bakterium Bordetella bronchiseptica. Aber auch andere Viren und Bakterien können beteiligt sein. Zwingerhusten kommt häufig vor, wenn viele Hunde auf engem Raum zusammenleben und die Haltungsbedingungen und damit auch der Immunstatus der Hunde suboptimal sind. Nach der Ansteckung über Tröpfcheninfektion kann sich ein trockener, zum Teil quälender oder würgender Husten entwickeln. Das Allgemeinbefinden bleibt in der Regel ungestört und der Husten verschwindet nach 1-3 Wochen wieder. Durch bakterielle Sekundärinfektionen kann sich die Heilung verzögern. Um die Abwehrkräfte des Körpers zu steigern, können ganzheitliche Heilmittel, z.B. Homöopathika oder Vitalpilze, zum Einsatz kommen. Antibiotika sind meist wenig erfolgreich, da sie nichts gegen die viralen Erreger ausrichten können. Aufgrund der Vielfalt der Erreger des Zwingerhusten-Komplexes bieten Impfstoffe, welche Parainfluenzaviren und Adenoviren enthalten, nur einen sehr unzureichenden Schutz. Wichtiger ist durch optimale Haltungsbedingungen und eine gesunde Ernährung das Immunsystem zu stärken, sodass eine evtl. Infektion schon zu Beginn erfolgreich bekämpft werden kann.

Leptospirose – Leptospira subspezies

Leptospiren sind Bakterien, welche viele Tierarten und auch den Menschen befallen können (Zoonose). Natürliche Wirte sind v.a. Mäuse und Ratten, welche Leptospiren mit dem Urin ausscheiden, sodass sich Hunde über infektiösen Urin in Wasser (Pfützen oder Tümpel), Futter oder direkten Schleimhautkontakt (Bissverletzungen, Deckakt) infizieren können. Dabei dringen die spiralförmigen Bakterien über die Schleimhaut oder Hautwunden ein. Die Gefahr einer Leptospiren-Infektion ist besonders in feuchten Sommer- bis Spätsommermonaten gegeben, da Leptospiren Wärme und Feuchtigkeit benötigen, um sich zu vermehren. Es gibt über 200 verschiedene Leptospiren-Arten (Serovare). Die Krankheitssymptome, die durch eine Infektion ausgelöst werden, hängen von der Leptospiren-Art und dem Immunstatus des Tieres ab. Viele Infektionen verlaufen symptomlos oder milde, es kann jedoch auch zu Todesfällen kommen. Die Symptome reichen von Schwäche, Appetitlosigkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen bis hin zu einer schweren Störung des Allgemeinbefindens und Fieber. Durch die Ansiedlung der Leptospiren in den Nieren und der Leber kann es zur Nieren- und Leberschädigung kommen, die zum Tod führen kann.

In den aktuell erhältlichen Impfstoffen sind nur 2 bis max. 4 verschiedene Leptospiren-Serovare enthalten. Gegen Erkrankungen durch andere Serovare schützt die Impfung leider nicht. Zudem wird der Leptospirose-Impfstoff aus ganzen Bakterien hergestellt. Damit es nicht zu einer Infektion kommt, werden die Bakterien abgetötet. Da sich das Immunsystem für tote Bakterien jedoch kaum interessiert, müssen dem Impfstoff Adjuvantien zugesetzt werden, um eine Immunreaktion hervorzurufen. Aufgrund dieser beiden Tatsachen ist der Impfstoff gegen Leptospiren besonders nebenwirkungsreich. Der Schutz gegen die geimpften Leptospiren-Arten besteht zudem nur über 6 bis max. 12 Monate.

Aufgrund der kurzen Schutzdauer gegen nur einzelne Leptospiren-Arten sowie der häufigen Nebenwirkungen sollte Nutzen und Risiko der Impfungen gegen Leptospiren gut abgewogen werden! Wenn die Impfung gewünscht ist, dann sollte sie im Frühjahr/Frühsommer durchgeführt werden, damit der Hund über die Hauptinfektionszeit mit Leptospiren in den Sommer- bis Spätsommermonaten zumindest gegen einige Leptospiren-Arten geschützt ist. Wichtiger als die Impfung ist es Infektionsquellen – stehende Gewässer, Pfützen, Mäuse, Ratten – zu meiden.

Tollwut – Rabiesvirus

Tollwut ist eine hochgefährliche Infektionskrankheit, welche bei Säugetieren, Vögeln und dem Menschen (Zoonose) fast immer tödlich verläuft. Übertragen wird das Virus mit dem infektiösen Speichel durch den Biss eines infizierten Tieres. Das Virus wandert von der Bisswunde über Nervenbahnen zum zentralen Nervensystem. Umso weiter die Bisswunde vom Kopf entfernt ist, umso länger ist die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Symptome. Die Symptome beginnen meist mit Wesensveränderungen, welche von Ängstlichkeit, Desorientierung, über Erregbarkeit bis hin zu Aggression reichen. Zudem reagieren infizierte Tiere empfindlich auf Licht und Lärm. Dazu kommen Krämpfe oder Lähmungen der Kehlkopf- und Schlundmuskulatur, welche zu starkem Speichelfluss und quälendem Durst führen, da das Abschlucken kaum mehr möglich ist. Erste Lähmungserscheinungen sind am heiseren Bellen erkennbar. Nach einer Woche gehen die Krämpfe in eine generalisierte Lähmung, Koma und den Tod über.

Besteht bei einem nicht geimpften Tier der Verdacht auf eine Tollwutinfektion darf kein Behandlungsversuch unternommen werden. Der Verdacht muss sofort dem zuständigen Veterinäramt gemeldet werden. Der Amtstierarzt kann die Quarantäne oder sogar die Tötung des verdächtigen Tieres und der Kontakttiere anordnen.

Hauptüberträger der Tollwut war in Mitteleuropa der Rotfuchs. Durch großflächig ausgelegte Köderimpfungen für Füchse gilt Deutschland seit April 2008 als tollwutfrei. Daher ist die Tollwutimpfung aufgrund der Einreisebestimmungen prinzipiell nur noch notwendig, wenn Hunde und Katzen mit ins Ausland genommen werden. Da jedoch auch schon der Tollwut-Verdacht durch die Bestimmungen der Tollwutverordnung tödliche Folgen für ungeimpfte Haustiere haben kann (siehe oben), muss eine (regelmäßige) Impfung gegen Tollwut trotz verschwindender Infektionsgefahr wieder ins Auge gefasst werden.

Unbestreitbar hat die Tollwut-Impfung in Mitteleuropa zum Zurückdrängen der gefährlichen Infektionskrankheit beigetragen und ist in Entwicklungsländern auch heute noch ein wichtiges Mittel, um Todesfälle durch das Tollwut-Virus bei Mensch und Tier zu reduzieren. Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen sollten in tollwutfreien Ländern Nutzen und Risiko einer regelmäßigen! Tollwutimpfung gründlich abgewogen werden.

Die Impfung gegen Tollwut sollte frühestens mit vollendetem 3. Lebensmonat erfolgen. Um einen ausreichenden Schutz aufzubauen, sollte die Tollwutimpfung möglichst noch später – mit 6 Lebensmonaten nach abgeschlossenem Zahnwechsel - als Einzelimpfung durchgeführt werden. Diese eine Impfung kann einen Schutz gegen Tollwut über viele Jahre aufbauen, durch eine einmalige Wiederholung der Impfung vielleicht sogar lebenslang. Der Impfschutz kann u.a. durch die Messung des Tollwut-Antikörper-Titers überprüft werden. Da es sich beim Tollwut-Impfstoff um einen Todimpfstoff handelt, sind diesem für eine Immunreaktion Adjuvantien zugesetzt, welche zu einem erhöhten Nebenwirkungsrisiko der Impfung führen.

Durch die Änderung der Tollwutverordnung Ende des Jahres 2005 müssen Hunde und Katzen in Deutschland nicht mehr jährlich gegen Tollwut geimpft werden, um nachweislich „geschützt“ zu sein. Voraussetzung ist die Wahl eines Tollwut-Impfstoffes, welcher für mehrere Jahre Schutzdauer zugelassen ist. Viele Tollwutimpfstoffe sind für 3 Jahre zugelassen, einige jedoch nur für 2 oder sogar weiterhin nur für 1 Jahr. Welcher Impfstoff für wie viele Jahre zugelassen ist, können Sie der Übersicht über die Immunitätsdauer der Tollwutkomponente der Veterinärimpfstoffe entnehmen.

Bitte erkundigen Sie sich rechtzeitig über die aktuellen, landeseigenen Einreisebestimmungen, wenn Sie Ihren Hund mit ins Ausland nehmen möchten.

Borreliose – Borrelia burgdorferi subspezies

Borrelien sind Bakterien, welche durch Zecken (v.a. dem gemeinen Holzbock = Ixodes ricinus) auf den Menschen und andere Säugetiere übertragen werden. Verschiedene Borrelien-Arten können die Krankheit Borreliose auslösen. In den meisten Fällen verläuft die Infektion jedoch symptomlos. Die Zahl, der mit Borrelien infizierten Zecken, schwankt regional von 5% bis zu 90%. Die bei der Infektion des Menschen von der Bissstelle der Zecke ausgehende Wanderröte ist beim Hund selten zu beobachten. Beim Hund kann eine Borrelien-Infektion Fieber, Schwäche, Appetitverlust, Lahmheit oder die Schwellung eines oder mehrerer Gelenke verursachen. Ob diese Symptome durch eine Borrelien-Infektion bedingt sind, ist jedoch schwierig nachzuweisen. Weil Borrelien im Gewebe und nicht im Blut durch den Körper wandern, können Borrelien selbst durch eine Blutuntersuchung meist nicht nachgewiesen werden. Zudem können Symptome erst Wochen bis Monate nach der Infektion auftreten. Die zugelassenen Impfstoffe gegen Borreliose enthalten max. 3 verschiedene Arten abgetöteter Borrelien. Um eine Wirkung zu erzielen sind dem Impfstoff Adjuvantien zugesetzt. Aus diesen Gründen sind Impfreaktionen, zu welchen auch die Symptome der Borreliose selbst zählen, keine Seltenheit.

Aufgrund der häufigen Nebenwirkungen und der beim Hund seltenen symptomatischen Borreliose, ist von einer Impfung abzuraten. Stattdessen sollte auf einen guten Zeckenschutz geachtet werden - auch zur Vorbeugung gegen andere durch Zecken übertragene Krankheiten. Während der Zecken-Hochsaison im späten Frühjahr und Spätsommer sollten Hunde täglich auf Zecken abgesucht und bereits saugende Zecken so schnell wie möglich entfernt werden, um das Risiko einer Erregerübertragung zu minimieren.

Katzenschnupfen - Rhinotracheitisvirus und Calicivirus

Katzenschnupfen kann wie eine Erkältungserkrankung beim Menschen oder der Zwingerhusten beim Hund durch verschiedene Erreger ausgelöst werden und ist in den überwiegenden Fällen nicht lebensbedrohlich. Geimpft werden kann gegen folgende am Katzenschnupfen beteiligte Erreger: Rhinotracheitisvirus (ein Herpesvirus), Calicivirus und gegen die Bakterien Bordetella bronchiseptica sowie Chlamydien. Da sich diese Krankheiterreger vorwiegend bei einem geschwächten Immunsystem vermehren können, führt die Infektion v.a. bei schwachen Katzen oder Kätzchen, die unter schlechten Bedingungen oder Stress leben, zu Krankheitsanzeichen. Hauptsymptome sind Nasenausfluss, Niesen und eine Entzündung der Bindehaut sowie durch Caliciviren verursachte Geschwüre an Zunge, Gaumen, Lippe und Nase. Bei stark geschwächten Katzenwelpen kann die Infektion auch Luftröhre und Lunge betreffen und durch eine bakterielle Lungenentzündung zum Tod führen. Weil Herpesviren ein Leben lang im Körper verbleiben, sind Katzenschnupfen-kranke Kätzchen meist lebenslang anfällig für Schnupfensymptome, besonders unter Stress. Die Impfung gegen die erwähnten Erreger schützt nicht vor einer Infektion, sondern kann bestenfalls die Krankheitssymptome vermindern. Einen besseren Schutz vor Erkrankungen bieten optimale Haltungsbedingungen und eine gesunde Ernährung, sowie im Krankheitsfall eine ganzheitliche Stärkung des Immunsystems. Wenn Katzen Stress und einem hohen Infektionsdruck ausgesetzt sind, bspw. wenn viele Katzen auf engem Raum zusammen leben (z.B. beim Züchter oder im Tierheim), dann kann eine Impfung in Betracht gezogen werden.

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